Unsere Nationalparks feiern zwischen 7. und 10. Oktober ein rundes Jubiläum. Vor 40 Jahren wurde mit dem Gebiet Bayerischer Wald Deutschlands erster Nationalpark eingerichtet. Gegen Proteste von Waldbauern und Jägern, die der Ansicht waren, dass die Natur den Menschen braucht. Inzwischen sind weitere 13 Nationalparks da, Heimat für eine faszinierende und seltene Lebensgemeinschaft.
Nationalpark Bayerischer Wald: Wo Bär und Luchs sich Gute Nacht sagen
Infos:
www.nationalpark-bayerischer-wald.de
www.bayerischer-wald.de
www.baumwipfelpfad.by
Ein Reh mit seinem Kitz äst in aller Seelenruhe am Waldrand. Es stört sich überhaupt nicht daran, dass Menschen nur wenige Meter an ihm vorbei ziehen. „Sie mal, die haben ja überhaupt keine Angst“, ruft ein kleiner Junge und zeigt auf die beiden. Die lassen sich auch davon nicht aus der Ruhe bringen, obwohl sie kaum 15 Meter neben dem Weg stehen. Im Nationalpark Bayerischer Wald kennen die Tiere uns Menschen als freundliche Besucher und nicht als Jäger. Wo heftig gejagt wird, werden Tiere ängstlich und scheu, gehen auf Distanz zu uns Zweibeinern. Wo sie in Ruhe gelassen werden, die Menschen auf ihren Wegen bleiben, kann es passieren, dass sogar ein sprichwörtlich scheues Reh uns aus der Hand frisst.
Vor 40 Jahren wurde im Nationalpark Bayerischer Wald erstmals der Versuch gestartet, ein Fleckchen Natur sich selbst zu überlassen. Was so leicht klingt ist so leicht nicht. Denn ein jeder will den Wald zu seinen Zwecken nutzen. Waldbesitzer wollen vom Holz der Bäume leben, Jäger wollen hegen und jagen. Doch hier im Nationalpark ist alles anders. Tote Bäume werden nicht weggeräumt, wie in einem wirtschaftlich betriebenen Wald. Sie bleiben stehen und dienen Spechten, Meisen, Käuzen und anderen Höhlenbrütern als Unterkunft. Wenn ein Baum vom Wind umgestürzt wird, bleibt er liegen, setzt Moos an und ist Heimat und Nahrung für Käfer, Schnecken und allerlei Kleinlebewesen, die in einer aufgeräumten Holzplantage kaum ihr Auskommen finden. Waidmänner spielen hier keine große Rolle. Beute und Räuber sollen hier ihr natürliches, ungestörtes Gleichgewicht finden. Ohne menschliche Eingriffe. Rehe und Hasen sind hier auf der Hut vor Luchs und Fuchs – nicht vor Menschen. Manchmal kommen die furchtlosen Tiere den Besuchern gar zu nahe. So, wie die Wildschweine, die es auf mitgebrachte Leckereien in Handtaschen und Rucksäcken abgesehen haben.
Von solchen Zudringlichkeiten verschont bleibt man natürlich in der Höhe: Neueste Attraktion des Nationalparks ist der Baumwipfelpfad. In einer Höhe von bis zu 25 Metern über dem Grund laufen Besucher auf Holzwegen 1 300 Meter durch die Baumkronen und können den Wald aus der Vogelperspektive erleben.
Zum Schutz von Mensch und Tier sind die wehrhaftesten Vertreter der Tierwelt, wie Bär und Wolf durch Gräben und Zäune von uns getrennt. Vor einem riesigen Freigehege im Nationalpark drängen sich die Besucher. Besonders wenn es junge Braunbären gibt.Sie planschen im Teich, kullern den Wiesenhang hinab, balgen sich, laufen einander nach und versuchen auf ihrem Abenteuerspielplatz, auch auf Bäume zu steigen. Wenn’s nicht klappt und die Bärchen bei ihren Versuchen abstürzen, wird der Fall ins weiche Moos des Bodens mit einem lauten Brumm begleitet. Wie kleine Kinder laufen sie dann zu Mutter Regina, um Trost zu finden und bedienen sich an der Milchbar.
Vor Menschenblicken verborgen, unter umgestürzten Bäumen sind die Kinderstuben kleinerer Räuber, die in unseren Wäldern lange gefehlt haben. Wildkatzen feiern ein Comeback. Und auch der Luchs, der in Deutschland über ein halbes Jahrhundert völlig verschwunden war, vermehrt sich erfreulich. 400 dieser schönen, gefleckten Katzen streifen wieder durch unsere Wälder. Viele von ihnen haben in den wilden Urwäldern des Nationalparks das Licht der Welt erblickt und sind ins Land gewandert. In diesem Sommer kommt eine neue Generation dazu. Vielleicht läuft Ihnen schon bald bei einem Spaziergang im Schwarzwald, im Spessart, im Taunus, Harz oder Hainichen ja mal ein Luchs über den Weg.
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animal.press / Zu 4000 Tierstorys / Schmidts Tierleben / Schmidts Tierleben |
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