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S208 Die Rückkehr der Przewalski-Pferde © animal.press Mit Wild- und Hauspferden verhält es sich ungefähr so, wie mit Wild- und Hauskatzen. Während sich die sanften Stubentiger streicheln lassen und auf dem Schoß einschlafen, kratzen und beissen Wildkatzen wenn man ihnen nur nahe kommt. Niemals würden sie sich auf den Arm nehmen lassen. Auch Gewöhnung an Menschen und die beste und liebevollste Behandlung ändern daran wenig. Ihr Wesen bleibt das einer sprichwörtlichen Wildkatze. Unbezähmbare Instinkte beherrschen auch das Fluchttier Wildpferd. Kein vernünftiger Mensch würde versuchen, einem Przewalski-Urwildpferd im Zoo einen Sattel aufzulegen, es gar zu reiten. Wildpferde gehen einfach durch, wenn man ihnen zu nahe tritt. In einen Pferdetransporter liessen sie sich im Gegensatz zu allen Pferden vom Vollblut bis zum Pony nicht führen. Und ein Halfter lassen sie sich die freiheitsliebenden Wildpferde, deren Urgroßeltern noch über die Steppen Asiens preschten, schon gar nicht anlegen. So ist es äußerst heikel, solche Tiere zu halten – und noch viel schwieriger ist es, sie um die halbe Welt zu transportieren. Über 9 000 Kilometer weit. Chris Walzer, der Tierarzt, der diesen Sommer 14 Urwildpferde aus Zoos in Deutschland, Österreich und der Schweiz über den Flughafen Frankfurt in die ferne Mongolei brachte, hatte die Reise sorgfältig planen und vorbereiten müssen. Für jedes der Pferde wurde eine weich ausgepolsterte Transportbox maßgeschneidert. Gerade so klein, dass sich das Tier darinnen nicht bewegen und verletzten konnte, gerade so groß, dass es nicht zu sehr beengt da stand. Den Rest besorgten starke Beruhigungsmittel aus der Humanmedizin. Sie sorgten dafür, dass die wilden Pferde die lange Reise ziemlich gelassen auf einer „rosa Wolke“ antraten. Unter dem Einfluss der Beruhigungsmittel wurden die wilden Fluchttiere „fast zu braven Haflingern“, wie Chris Walzer beobachtete. Sogar beim Aufsetzen der Lufthansamaschine auf der holprigen Landebahn vom Flughafen Ulan Bator, der Hauptstadt der Mongolei, blieben die sonst so wibbeligen Pferde cool und mümmelten Heu aus ihren Raufen. Von dort gingen die großen Holzkisten mit den langsam wacher werdenden Pferden per LKW in die Wüste Gobi. Ziel der weiten Reise war ein Reservat, das eigens für die ursprünglichen Bewohner am Rand der größten Wüstenei Asiens eingerichtet wurde. Zusammen mit bisher 69 Artgenossen, die allesamt aus Zoos hierher kamen, sollen sie für das Comeback der Wildpferde sorgen. Das Charaktertier der Mongolei, das einst in großen Herden über die wüsten Steppen preschte ist seit 50 Jahren aus seiner Heimat verschwunden. Schuld daran waren einmal Jäger, die auf schnellen Pferden und mit weitreichenden Feuerwaffen auf Pferdefleisch aus waren. Schlimmer aber als Jäger setzten Schafe und Ziegen den Wildpferden zu. Der große Bedarf an feiner Kaschmirwolle auf der ganzen Welt führte dazu, dass immer mehr Mongolen mit immer größeren Herden der Kaschmirziege über die Steppen zogen. Die Überweidung der kargen Lebensräume ließ die wilden Pferde buchstäblich verhungern. 1968 wurde das letzte wildlebende Przewalski-Pferd Asiens in der Region des neuen Nationalparks gesichtet. 1970 wurde die Art endgültig als „ausgestorben“ erklärt. Und dabei wäre es sicherlich geblieben, hätte sich nicht ein gewisser Baron Friedrich von Falz-Fein um die Wende zum 20. Jahrhundert in den Kopf gesetzt, genau diese Tiere in einem Gehege seines Gutes Nova Askania in der Ukraine in seinem privaten „Zoopark“ zu halten. Der reiche Baron schickte eine Expedition mit dem Auftrag in die ferne Mongolei, einige Fohlen der wilden Pferde zu fangen. Die liess er per Hauspferd-Ammen aufziehen. Auch der deutsche Tierhändler Carl Hagenbeck liess die wilden Pferde, die nach ihrem Entdecker, dem russischen Oberst und Naturforscher Nikolai Michailowitsch Przewalski (1839 -1888) benannt wurden für seinen Hamburger Tierpark fangen. Weniger als die Hälfte der eingefangenen Tiere jedoch erreichte lebend die Gehege in Deutschland und der Ukraine. Und auch die Haltung der Tiere in Menschenobhut gelang mehr schlecht als recht. Viele verunglückten, weil sie plötzlich in Panik gerieten und kopflos vor Wände liefen oder sich beim Auskeilen auf Transporten verletzten. Trotz der schrecklichen Verluste aber waren die Fangexpeditionen des Barons und des Tiergärtners für die Art aus heutiger Sicht ein Segen. Denn auf lediglich 13 überlebende Tiere in Zoos und dem Gut Nova Askania geht heute der gesamte Weltbestand der Przwalski Pferde zurück. Und die Haltungsbedingungen wurden so weit verbessert, dass durch immer mehr Fohlen die sogenannte „Weltherde“ in insgesamt 60 europäischen Zoos inzwischen auf 1 000 Exemplare angewachsen ist. Ein Zuchtbuch sorgt für den systematischen Austausch der Hengste und soll so verhindern, dass Inzuchterscheinungen durch Paarungen im engeren Familienkreis auftreten. Die jungen Pferde, die per Luftbrücke zurück in ihre Heimat reisen, müssen schliesslich topfit sein. Der Lebensraum in der Wüste Gobi ist nur für harte Naturen geeignet: Wahrend in der schattenlosen Ebene die Temperaturen im Sommer bis auf glühende 50 Grad ansteigen fallen Sie in den Wintermonaten gelegentlich auf eisige 50 Grad Minus ab. „In der kargen Winterzeit verlieren die Przwalski-Pferde da draußen 40 Prozent ihres Gewichts“, weiß Chris Walzer. Kälte und Wölfe fordern jeden Winter Opfer. Besonders unter den Fohlen. Noch leben seine 14 Rückkehrer dieses Sommers in ihrer neuen, alten Heimat in einem riesigen Freigehege unter dem Schutz mongolischer Ranger. Niemand will riskieren, dass im ersten Winter eines der kostbaren Tiere in Gefahr gerät. Sie müssen sich erst mal akklimatisieren und ihr dichtes, schützendes Winterfell in den schneidend kalten Winterstürmen der Gobi entwickeln. Sie müssen bei immer größer werdenden Wanderungen ihre Heimat ganz neu kennen lernen, um in Dürrezeiten immer noch ein rettendes Wasserloch zu finden und ein paar karge Gräser. Damit der Tisch gedeckt ist, wurden in den letzten Jahren 45 000 Schafe und Ziegen aus dem neuen Schutzgebiet der Przewalski-Pferde verbannt. Wo sich seine Schützlinge jeweils befinden, das kann Chris Walzer auf dem Bildschirm seines Computers verfolgen. Einige der Tiere hat er, als sie noch auf seiner „rosa Wolke“ der Pharmazie schwebten mit Sendehalsbändern ausgestattet. Über einen Satellit funken ihre GPS-Sender, die wie das Navigationssystem in einem Auto funktionieren, ständig den Aufenthaltsort der Tiere bis auf fünf Meter genau in seine Praxis im Salzburger Zoo.

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