Seltene Findelkinder – Zwei Fischotterchen im Glück Nordhorn, Bentheim,
Niedersachsen - Knapp acht Wochen alt, gerade mal so groß wie
Meerschweinchen waren die beiden Tierbabys als Spaziergänger sie im Wald
entdeckten. Kleine Sensationen im wahrsten Wortsinn, denn seit
Menschengedenken sind in der Region keine Fischotter mehr aufgetaucht.
Ausgekühlt und so schwach, dass sie kaum die Köpfchen heben konnten, lagen
sie eng aneinander gekauert unter einem Busch. Vermutlich schon seit
Tagen.“Vielleicht hatte die Mutter einen Unfall oder ist einem größeren
Raubtier zum Opfer gefallen. In diesem Alter würden sie normalerweise noch
von der Mutter geführt“, sagt Tierärztin Heike Weber, vom Tierpark
Nordhorn, die sich um die Findelkinder kümmert. Otto machte ihr wegen
einer schlimmen Wunde, die als Notfall behandelt werden musste, größere
Sorgen als sein Schwesterchen Ottilie. Zur Stärkung gabs angewärmten
Milchbrei mit hohem Fischanteil. „Jedes Mal eine fürchterlich stinkende
Angelegenheit“ scherzt Heike Weber. Eine Fischottermutter hat’s aber auch
wirklich schwer, die Kinder sind anspruchsvoll, wollen rund um die Uhr
betuddelt, versorgt und bespaßt werden – und das ganze 14 Monate lang. So
lange dauert es nämlich, bis der Nachwuchs endlich auf eigenen Pfoten
steht. Was das ganze noch komplizierter macht: Bei aller Liebe und nötigen
Versorgung muss der Kontakt mit Menschen doch immer eingeschränkt bleiben.
Schließlich gilt es zu vermeiden, dass die Otterchen auf Menschen
fehlgeprägt werden. Sollen sie doch sobald sie selbstständig sind wieder
dort auf freien Fuß gesetzt werden, wo sie gefunden wurden. Die
Naturschützer der Grafschaft Bentheim sind nicht wenig stolz darauf, dass
die seltene Tierart nach Jahrzehnten zurückgekehrt ist. Paul Uphaus,
Leiter der Unteren Naturschutzbehörde glaubt die Gründe dafür zu kennen:
„Dank der Verbesserung der Wasserqualität und des Lebensraums an Vechte
und Dinkelfinden die Tiere hier wieder Versteck- und Jagdmöglichkeiten.“
Doch bevor es wieder in die alte Heimat geht, ziehen Heike Webers
Patienten von der Rettungsstation im Tierpark Nordhorn in eine Art von
Vorschule. Im Otterzentrum Hankensbüttel ist man darauf vorbereitet, junge
Wassermarder fit für die Auswilderung zu machen. Hier leben Otto und
Ottilie für die nächsten neun Monate in naturnahen Freigehegen, wo sie
Menschen nur von Ferne sehen. Dafür sind sie hier unter Artgenossen und
können nach Herzenslust schwimmen, tauchen und spielerisch das
Fischefangen lernen. Claus M. Schmidt