Reineke Fuchs
Der trickreiche Rotrock ©animal.press
Von Claus M. Schmidt
Motto: Ende Mai, Anfang Juni ist Premiere vor dem Fuchsbau. Jetzt treten die vier Wochen jungen Welpen erstmals ans Licht. Und führen vor, was in ihnen steckt: Fabelhafte Talente der Schauspielkunst
Fließtext: Ein Rabe hatte ein Stück Käse gestohlen. Das wollte er in aller Ruhe auf dem Baum verzehren. Ein Fuchs sah es und begann ihm zu schmeicheln: Was bist du für ein wunderbarer Vogel! Wenn dein Gesang ebenso schön ist, wie dein Gefieder, will ich dich zum König der Tiere krönen.“ Dem Raben gefiel das und als er den Schnabel öffnete, um dem Fuchs etwas vorzusingen entfiel ihm der Käse. Den nahm der Fuchs behände auf und lachte über den törichten Raben.
Aus dem sechsten Jahrhundert vor Christus stammt Aesops Fabel vom Trickreichtum des klugen Meister Reineke. Der ist einfach Meister im Tricksen, Tarnen, Täuschen - in der Kunst, Mensch und Tier hinters Licht zu führen. Schon Jungfüchse zeigen ihre Talente im Spiel, wenn sie im Alter von vier Wochen, im Mai/Juni den Bau erstmals verlassen. Sie verstecken sich, überfallen einander aus dem Hinterhalt, lauern einem Käfer auf.
Zwiti: Schauspieler in vielen Rollen
Die wahre Meisterschaft erweist sich einige Wochen später, wenn die Milchzähne dem Gebiss des Erwachsenen gewichen sind. Dann erlaubt sich der Fuchs so manches unglaubliche Ganovenstück. So legt sich der Meister schon mal auf freiem Feld hin und spielt tot. Nähern sich Raben dem vermeintlichen Kadaver, erwacht dieser urplötzlich wieder zum Leben und packt überraschend zu.
Die Kunst des Mimen überzeugt auch Kaninchen. Hier gibt der Meister den harmlosen Pflanzenfreund. In der Nähe der Langohren schlendert er ziellos umher, schnuppert an Blüten, Gräsern, knabbert an Knospen und scheint sich nicht die Bohne für die Hoppler zu interessieren. Nach einer Weile verlieren die ihre Angst, kommen aus den Verstecken und suchen in der Nähe ihres Todfeindes nach Nahrung. Wie rein zufällig flaniert der Räuber dann in Richtung ihres Baus. Und schneidet damit den Weg in die Fluchtburg ab. Sobald das Kaninchen bemerkt, dass seine einzige Rettung in der Flucht übers freie Feld besteht, ist es oft zu spät. Mit einem Spitzentempo von 50 bis 55 Kilometer pro Stunde ist der Fuchs schneller als seine Beute. Und vom Hakenschlagen lässt er sich nicht ins Bockshorn jagen.
Gelegentlich gelingt Füchsen auch der Fang eines jungen Hasen - doch in der Regel begnügt er sich mit kleinerer Beute. Mäuse sind seine Hauptnahrung.
Zwiti: Lunte riechen als Altersvorsorge
Aber nicht nur im Beutemachen ist Reineke Meister – auch im Vermeiden von Pulver, Blei und Fallen. Waidmänner wissen ein Lied davon zu singen und ein Fuchs, der schon einmal im Leben „Lunte gerochen“ hat und einem Anschlag auf seinen Balg entkam, ist künftig so sehr auf der Hut, dass er gute Chancen hat, sein Höchstalter von 10 Jahren und mehr zu erleben.
Wildforscher beobachten einen neuen Trend für den Schutz vor Jägern. Der trickreiche Rotrock zieht in Dörfer und Städte. Irgendwie scheint er zu wissen, dass in Wohngebieten nicht geschossen wird. Hier finden sich Futter und sichere Verstecke. Zäune und Mauern von 180 Zentimeter Höhe überwindet ein Rotfuchs spielend und entzieht sich so jeder Verfolgung. In menschlichen Ansiedlungen leben heute schon zehnmal so viele Füchse auf vergleichbaren Flächen, wie außerhalb in Feld und Flur, wo sich doch eigentlich Fuchs und Hase Gute Nacht sagen sollen.
Claus M. Schmidt
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animal.press / Zu 4000 Tierstorys / Schmidts Tierleben / Schmidts Tierleben |
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