Kein Dach überm Kopf: Rettung für drei Tigerchen Neben dem Stapel von Fichtenstämmen steht ein schwerer Laster am Waldrand Mit dem Kran hievt der Fahrer Stamm für Stamm auf seine Ladefläche als ein erbärmliches Maunzen aus dem Holz dringt. Ohne es zu wollen hat er gerade drei winzigen Kätzchen das Dach über den Köpfen weggenommen und die Katzenmama, die sich den Stapel als Babystube ausgesucht hatte, für immer vertrieben. Als der Forstarbeiter die Kleinen in einen Pappkarton packen will, fauchen sie böse mit zahnlosen Mäulchen und kratzen ihm die Hände blutig. Kein Wunder – es sind Wildkatzen. Und die sind sprichwörtlich ungebärdig. Ein Fall für die Fachleute vom Wildkatzenzentrum auf der Wildenburg bei Kempfeld im Hunsrück. Das neue Zentrum mit seiner Auffangstation für Findelkätzchen aus Hunsrück und Eifel hat allerdings zur sommerlichen Geburtensaison nur begrenzte Kapazitäten. Was nicht so sehr am mangelnden Platz liegt, sondern an der überschäumenden Kampfeslust der Kätzchen: „Man kann verschiedene Würfe nicht vergesellschaften – dann fliegen die Fetzen“, weiß Gehegeleiter Gisbert Geissler. So nimmt seine Frau Doris die kleinen Tiger erst mal zuhause auf. Und hat für zwei Wochen alle Hände voll zu tun. Erst Katzenaufzuchtsmilch aus dem Fläschchen im zwei-drei-Stunden-Takt, später püriertes Geflügel. Dann gab’s Mäuse und Eintagsküken, um das Menü möglichst naturnah zu gestalten. Gisbert Geissler: „Es ist nicht erwünscht und auch gar nicht möglich, die Tiere an den Menschen zu gewöhnen. Die bleiben immer wild, lassen sich nicht streicheln und weichen selbst vertrauten Bezugspersonen aus, die sie täglich versorgen.“ Echte Wildkätzchen eben. Die schlechte Nachricht für Waldmäuse: Nachdem der Bestand bei uns seit Jahrzehnten nahezu erloschen war, streifen heute dank strenger Schutzmaßnahmen und Hilfsprojekte wieder 2 000 Wildkatzen durch unsere Wälder. Und in wenigen Wochen werden unsere jungen Wilden die Schar der heimlichen Jäger verstärken.